Pooling-Index
11.6.`19
Da Pooling in aller Munde ist und als Lösung für die Verkehrsprobleme angepriesen wird, ist es an der Zeit endlich mal zu definieren:
- Was ist Pooling?
- Welche Formen von Pooling gibt es?
- Woraus ergibt sich eine Pooling-Quote?
- Welches Pooling kann den Verkehr entlasten?
- Wie sieht die Realität aus?
Ein Beispiel aus der Wirklichkeit:
Eine Fahrt mit Moia von der Ernst-Horn-Straße 36 in die Gärtnerstraße 48. Das Moia Fahrzeug wurde am
06.06.2019 um 17.01 bestellt. Es ist um 17:17 eingetroffen und kam um 17:38 am Ziel in der Gärtnerstraße an.
Zwischendurch stiegen in der Kottwitz/Bismarckstraße zwei Personen zu, die in die Mollerstraße wollten
(das echte Ziel wurde aus Diskretion für dieses Beispiel geringfügig verändert)
.
Für diese Fahrt befanden sich 3 Fahrgäste im Moia, aber nur 2 Pooling-Einheiten, die vielleicht sonst mit dem
PKW gefahren wären, oder einfacher:
2 Besteller.
Die zurückgelegte Strecke
Nach der Bestellung startete das Moia-Fahrzeug am Niendorf Markt. Die gefahrene Strecke leer zur Abholung beträgt 7,3 Km. Die gefahrene Strecke zur Kottwitz/ Bismarckstr. beträgt 5,3 Km. Die Strecke Kottwitz/ Bismarckstr. zur Gärtnerstraße 48 beträgt 0,8 Km. Die Strecke der Weiterfahrt in die Mollerstraße (vorausgesetzt keiner steigt dazu ein) beträgt 2,9 Km.
7,3 + 5,3 + 0,8 + 2,9 = 16,3 Km
Dem gegenüber steht eine einfache Strecke von der Ernst-Horn-Straße 36 zu Gärtnerst. 48 von 4,5 Km und von der Kottwitz/ Ecke Bismarkstr. in die Mollerstraße 2,3 Km.
4,5 + 2,3 = 6,8
Würde der Besteller aus der Ernst-Horn-Straße und die Besteller von der Kottwitz/Birmarckstraße mit eigenen Fahrzeugen fahren, würden insgesamt 6,8 Km zurückgelegt. Moia brauchte mehr als das Doppelte. Die Strecke hat sich dank Pooling und Moia um 140% erhöht, oder von 6,8 auf 16,3 Km. Dass alle Besteller eventuell Bus oder Bahn nutzen könnten wollen wir erstmal nicht in Betracht ziehen.
Was ist eigentlich die Pooling-Quote in diesem Beispiel?
Je nach dem, wie man an die Sache herangeht, könnte man folgende Poolings definieren:
- Die Pooling-Quote ist gleich 3 weil in einem Moment die Höchstzahl der Fahrgäste im Moia 3 betragen hat.
- Die Pooling-Quote ist gleich 2 weil sich im Moia unabhängig von der Personenzahl zeitweise zwei Besteller befanden.
-
Die Pooling-Quote ist 0,83 weil pro gefahrenen Kilometer im Schnitt 0,83 Personen am Bord waren. Die
Rechnung geht dabei so:
Die gefahrenen Kilometer bei der Anfahrt haben den Faktor Null, 1 Besteller im Moia hat Faktor 1, die gemeinsame Fahrt zu dritt hat den Faktor 3 und die Weiterfahrt der 2 Besteller, nachdem Besteller 1 ausgestiegen ist, hat den Faktor 2. - Die Pooling-Quote ist 0,6 weil pro gefahrenen Kilometer im Schnitt nur 0,6 Besteller am Bord waren. Die gemeinsame Fahrt zu dritt hat den Faktor 2, weil zwei Besteller.
Die Quoten oben werden deutlicher, wenn man sie mit Fahrten mit dem eigenem PKW vergleichen würde.
Vergleich: "Moia-Pooling" vs. Fahrten mit eigenem PKW
Dabei scheidet A aus, weil wir in diesem Beispiel mit dem eigenen Fahrzeug keine zusätzlichen Mitfahrer
einsammeln würden.
B scheidet aus gleichen Grund aus.
Bei C wird es interessant:
Hier wäre die Pooling-Quote im Vergleich zu einer Moia-Fahrt 1,34 zugunsten von 2 PKWs weil die einfache
Stecke bis zur Gärtnerstraße 48 4,5 Km beträgt und die anderen zwei doppelt zählen bei ihrer 2,3 Km langen
Strecke.
Bei D kommt zwangsläufig eine 1 raus, weil in einem eigenen PKW unabhängig von der Personenzahl immer nur ein
"Besteller" am Bord ist.
Welches Pooling entlastet den Verkehr?
Ganz naiv betrachtet könnte man annehmen, dass Pooling A und B ein Beweis dafür sind, dass Moia den Verkehr entlastet. So argumentieren alle Sharing-Befürworter. Die schauen sich in der Regel die Höchstzahl der Personen während einer Fahrt an und leiten davon ab, wie hoch die Pooling-Quote ist. Deswegen verwundert es nicht, dass Moia von 1,6 Pooling-Quote redet (60% der Fahrten haben mehr als eine Person am Bord). Jedoch spielt dies gar keine Rolle, wenn es um die Entlastung des Verkehrs geht.
Das Entscheidende ist, wie viele Besteller an Bord sind und wie viel sie anteilig zusammen fahren.
Bei einer Fahrt mit dem eigenen PKW ist dieser Wert immer 1, es sei denn, man sammelt Freunde ein, aber das
lassen wir als Ausnahme außen vor.
Am Beispiel D sieht man, dass Moia eine Pooling-Quote von 0,6 statt 1,6 hat und damit das private PKW um satte
66% effizienter ist.
Moia ohne Anfahrt - Ein Idealfall
Moia beklagt die langen Anfahrten, weil sie nicht genug Fahrzeuge hätten. Wir wollen dieses Argument erstmal gelten lassen und fragen uns, was würde passieren, wenn die Anfahrt Null wäre. Die Rechnung von oben sieht dann so aus:
0 + 5,3 + 0,8 + 2,9 = 9 Km
Dem gegenüber steht die Strecke, welche man mit den eigenen PKWs fahren würde:
4,5 + 2,3 = 6,8
Man sieht sofort, dass auch hier durch Moia mehr Kilometer gemacht werden. Während es die privaten PKWs in diesem Beispiel auf Pooling von 1 bringen würden (D), ist dieser Wert bei Moia wegen der zusätzlichen Kilometer nur 0,76. Hier muss darauf hingewiesen werden, dass die Poolingwahrscheinlichkeit sinkt, je mehr Fahrzeuge man auf der Straße hat, weil die Vorlaufzeit in der Pooling generiert werden kann, umso kürzer ist. In diesem Fall waren es jedoch immerhin satte 16 Minuten.
Poolingindex - Ein Vorschlag
Damit wir in der Debatte endlich Klarheit bekommen, ist es zwingend notwendig einen sachlichen Poolingindex zu definieren. Mein Vorschlag wäre, dass wir nur die zurückgelegten Strecken miteinander vergleichen. Alles andere ergibt im Bezug auf die Verkehrsreduzierung keinen Sinn. Hier sind die Moia-Strecken mit den entfallenen Fahrten mit dem eigenen PKW in Relation zu setzen. In unserem Beispiel würde das dann so gehen:
Privat PKW
- Ernst-Horn-Straße 36 > Gärtnerstraße 48 = 4,5 Km
- Kottwitz/Bismarckstraße > Mollerstraße = 2,3 Km
- Summe privat: 6,8 Km
Moia
- Anfahrt zu Ernst-horn-Straße 36 = 7,3 Km
- Anfahrt zum Zweitbesteller = 5,3
- Gemeinsame Fahrt = 0,8 Km
- Weiterfahrt zweiter Besteller = 2,9 Km
- Summe Moia: 16,3 Km
Poolingindex im Beispiel
(Größere Zahl ist besser)
Moia Poolingindex (6,8 / 16,3) = 0,42
Moia Poolingindex ohne Anfahrt = 0,76
PKW = 1
Ein Privat PKW ist immer 1 sofern wir die Parkplatzsuche außen vor lassen. Aber wenn wir anfangen auch solche Faktoren zu berücksichtigen, dann müssen wir konsequenterweise auch über die nötigen Leerfahrten von Moia reden, wie zum Beispiel die Fahrt nachdem der letzte Kunde ausgestiegen ist und noch keine Anschlussbestellung vorliegt. Fahrten von und zum Betriebshof, z.B. zum Laden der Batterie und Fahrten zu Pausen. Von den Präsenzfahrten zu Werbezwecken ganz zu Schweigen.
Anmerkung:
Seit dem 16.5.`19, also seit der Preiserhöhung, habe ich 7 Testfahrten gemacht. Von diesen 7 Fahrten, waren 3
gepoolt, das heisst, dass jeweils ein zusätzlicher Besteller
*
mitgefahren ist. Bei 4 von diesen 7
Fahrten, bin ich allein gefahren.
Alle diese gepoolten Fahrten waren sehr ähnlich, wie in obigem Beispiel. Es kam nie mehr als 1 Besteller
hinzu, die Anfahrt war immer relativ lang, die zusätzlichen Besteller waren meistens nur für kurze Strecken
mit an Bord.
Diese Fahrten wurden zu allen Tageszeiten durchgeführt, auch Nachts, auch an Wochentagen oder Wochenenden.
Dieses eine Beispiel zeigt das Wesen der Pooling-Blase von Diensten wie Moia und es zeigt, wie man den
tatsächlichen Nutzen von Pooling verschleiern kann. Zwar kann man Fakten und Daten zu seinem Nutzen verdrehen,
aber am Ende tritt immer die ungeschminkte Wirklichkeit auf.
*Besteller = 1 Bezahlvorgang. Entspricht 1 Privat-PKW das nicht benutzt wurde.